Bosch und Schlegel | Christine Schlegel: Reservate abtrünniger Engel
Im Rahmen der Ausstellungsreihe Korrespondenzen.
Das Herzstück der Gemäldegalerie der Akademie der bildenden Künste Wien ist der dreiteilige Altar mit der Darstellung des Jüngsten Gerichts von Hieronymus Bosch (um 1450/55–1516). In der Ausstellungsreihe
Korrespondenzen
werden Verbindungen zwischen diesem und Werken anderer Künstler_innen hergestellt. In der Gegenüberstellung mit unterschiedlichsten künstlerischen Arbeiten können die Besucher_innen immer wieder neue Facetten von Boschs 500 Jahre altem Meisterwerk entdecken.
Die 1950 in Sachsen geborene Christine Schlegel studierte von 1973 bis 1978 an der Dresdner Kunst-Akademie. Seit Beginn der 1980er Jahre beschäftigte sie sich zunächst mit Buchobjekten, Künstlerzeitschriften, Experimentalfilmen und Performances. Mit dem »staatssozialistisch verordneten Realismus« in der DDR konnte die Künstlerin nie etwas anfangen. 1986 verließ sie mit Hilfe einer fingierten Eheschließung das Land und ging über die Niederlande nach Westberlin. Arbeitsaufenthalte führten sie in die USA, nach Schottland und Umbrien sowie nach Südamerika. Seit dem Jahr 2000 lebt und arbeitet sie wieder in Dresden. Bis heute arbeitet die vielseitige Künstlerin in verschiedenen Medien: Malerei, Zeichnung, Druckgraphik, übermalte Fotografien, es entstehen skulpturale Objekte und Installationen, auch Keramiken schuf Schlegel.
Christine Schlegel ist eine leidenschaftliche Malerin, in ihren farbintensiven Bildern sehen wir eine hintergründige Phantastik, rätselhafte Gestalten und Geschichten, oft surreal anmutend. Im Alter von 18 Jahren bekam die Künstlerin zu Weihnachten ein großes Buch über Hieronymus Bosch, der sie sofort begeisterte. Später blieben ihr das Skurrile, Wimmelbildhafte, die Aneinanderreihung von Episoden im Gedächtnis. Sie selbst setzte sich in ihrem Werk mehr mit Komposition und Komplementärkontrasten auseinander.
Für die
Korrespondenzen
schuf Christine Schlegel sechs neue Bilder in intensiver Auseinandersetzung mit Bosch. Sie liebt das Absurde, ist dem versteckten Widersinn von Behauptungen und Darstellungen auf der Spur. »Reservate« nennt sie die Aufbewahrungsorte in ihrer Kunst, »kuriose, kreative Schutzräume für Gedanken und Empfindungen«, wie sie selbst sagt. Der Untertitel der Ausstellung spielt darauf an, aber natürlich auch auf den Engelssturz auf der Paradiesestafel von Boschs
Weltgerichts-Triptychon
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